Melanie

Meine Fantasie war immer mein Zufluchtsort, dort konnte ich Abenteuer erleben und meine eigenen Probleme, Ängste und Unsicherheiten durch fiktive Charaktere erforschen und nach Lösungen suchen. Ich habe bereits "geschrieben" als ich noch gar nicht schreiben konnte, indem ich eigene Geschichten zu den Bildern in Büchern erfand oder meiner Mutter die Geschichten diktierte, die diese dann wortgetreu aufschrieb. Deswegen war ich auch sehr aufgeregt, als ich endlich eingeschult wurde, da ich die Vorstellung hatte, sobald ich einmal in dieses "magische" Gebäude eingetreten war, könnte ich augenblicklich schreiben und lesen. Selbstverständlich war dies nicht der Fall, was wohl die erste, große Enttäuschung zum Anfang meiner schulischen Ausbildung war. Auch in der Schule habe ich mich in meine Fantasie geflüchtet, sobald mich das gelehrte Thema nicht wirklich interessierte. Ein Blick aus dem Fenster hinaus, versetzte mich augenblicklich wieder zurück in meine Fantasie-Welten, wo ich Abenteuer erleben durfte, soziale Kontakte mit Charakteren knüpfte, die mich so nahmen, wie ich war. Ein großer Lebensretter, denn ich war, obwohl sehr empathisch, sozial nicht so angebunden, wie ich es mir gewünscht hätte. Wortgewandt war ich immer nur, wenn ich schrieb, sobald ich mich in einem Gespräch befand, fehlten mir oftmals die Worte und ich verzettelte mich häufig, sodass das Interesse meines Gegenübers an dem, was ich eigentlich sagen wollte, meist sichtlich abnahm. Ein Grund, weshalb ich mich häufig in der lediglich beobachtenden Position wiederfand, der sprachlose Zuschauer, was mir jedoch dabei half, genauer hinzusehen und hinzuhören. Mich interessierte nicht das Plakative des Gesagten, sondern ich wollte der Intention dahinter auf den Grund gehen, erfahren, was einen Menschen zu gewissen Äußerungen veranlasst und ob das, was gesagt wurde, auch wirklich dem Empfinden des Redners entsprach. Mir wurde bewusst, wie wichtig es war, auf die Mimik, Gestik und Intonation zu achten, kleine Signale, die so oft übersehen werden und wie oft eine "offensichtlich" eindeutige Aussage missverstanden werden konnte. Es überrascht also vermutlich nicht, dass meine berufliche Laufbahn mich letzten Endes in ein Berufsfeld geführt hat, wo ich täglich kommunikativ mit Menschen in Kontakt trete, die vornehmlich keine aktive Sprache haben und uns trotzdem so viel erzählen können.


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