Skizzen-Blog
por thomas_aeffner @thomas_aeffner
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Hilf mir fliegen
Es ist dunkel.
Ganz dunkel.
Überall.
Ich kann mich nicht bewegen.
Ich bin also wach.
Ich liege und warte.
Mein Körper ist wie taub.
Ich will hier raus.
Mein Körper erinnert sich.
Immer.
Immer diese Sehnsucht nach Nähe.
Immer liege ich hier alleine.
Einsam.
Bewegungslos.
Ich will wieder fühlen.
Mich gehalten fühlen.
Nähe fühlen.
Einen Mann fühlen.
Mich fühlen
als Frau.
Ich will !
Ich sage es.
Die Worte bilden sich mühsam.
Ich sage es immer wieder.
Ich nehme ein wenig Helligkeit war.
Es ist Tag.
Es ist Nacht, wenn dieser leichte Schein verschwindet …
Er hat eine angenehme Stimme.
Er füttert mich häppchenweise mit Kuchen.
Er ist für mich da.
Er hat Zeit für mich.
Nimmt sich die Zeit.
Er versteht, was ich sagen will.
Fragt nach, bis er verstanden hat.
Wir lachen.
Ich mag sein Lachen.
Ich werde ausgezogen.
Er macht das anders.
Etwas unbeholfen.
Sonst werde ich eben hochgezogen, gedreht, ruckzuck, fertig.
Er hat es nicht so drauf.
Mein Ellbogen verhakt sich im Hemd.
Ganz liebevoll befreit er mich.
Genau so fühlt es sich an: voller Liebe.
Seine Fingerspitzen berühren mich gerade eben so.
Unendlich langsam gleiten sie über meine Haut.
Die feinen Härchen richten sich auf: Gänsehaut.
Erinnerungen.
Bilder erscheinen, Gefühle.
Manfred mit dem Motorrad.
Das aufregende Kribbeln zwischen meinen Beinen wenn er beschleunigt.
Ich, an ihn geschmiegt.
Wir neigen uns in die Kurven.
Aufregung und Geborgenheit.
Ich gebe mich hin.
Wir fliegen.
Ich gebe mich ihm hin:
raus aus der Lederkombi
seine rauen Hände greifen fest nach meinen Brüsten.
Es ist rechts ein kleines bisschen Helligkeit.
Es ist Tag.
Ich kann mich nicht bewegen.
Die innigen Berührungen, so lange vermisst.
Ich lächele glücklich.
Mühsam bildet sich in meinem Mund ein Wort:
"Titties"
Wir sind nackt.
Ich spüre seine Haut an meiner.
Mein Körper erinnert sich,
an all die innigen Berührungen.
Wir waren nackt in den See gerannt.
Die Ledersachen hatten wir uns vom Leib gerissen und beim Motorrad liegen lassen.
Das kühle Wasser auf unserer verschwitzten Haut.
Lachen.
Toben.
Ich falle ihm atemlos um den Hals und klammere die Beine um ihn.
Ich spüre sein hartes Glied.
Lachend trägt er mich ans Ufer.
Ich spüre ihn in mir.
Lust durchflutet mich.
Mein Kopf ist wattig.
Ich fliege.
Ich spüre seinen Körper neben mir.
Er kuschelt sich an mich.
Er hält mich im Arm.
Ich fühle mich sicher.
Ich fühle mich gehalten.
Ich fühle mich.
Ich fühle.
"Ja, deine Titties!“ wiederholt er leise.
Zärtliche Hände an meinen Brüsten.
Ganz zartes Streicheln:
ganz zärtliche Gefühle kommen in mir auf.
Beherztes zufassen: Mein Herz geht auf.
Meine Nippel richten sich auf.
Neckisches Zupfen:
ein lustvolles Ziehen bis in meinen Schoß.
Seine Finger spielerisch in den kleinen krausen Löckchen.
Lockendes Streicheln an meinen Lippen.
Ein Gefühl, wie das wärmende Licht der Sonne.
Ich möchte mich ihm öffnen wie eine Blume.
Die Flügel öffnen wie ein Schmetterling …
Mein Körper unbewegt,
die Schenkel unbeweglich.
Mein Geist hebt ab.
Ich zerfließe vor Verlangen.
Ich fließe aus vor Lust.
Schmatzende Geräusche
- wie Flügelschlag.
Ich hebe ab.
Farben, …, Lichter, …, Wonne, …, Glückseligkeit.
Abtauchen in zärtliche Wärme,
Ruhe,
gehalten werden,
Haut an Haut,
Sicherheit,
Vertrautheit,
zärtliche Nähe.
Bilder steigen auf …
Sonne,
frisches Grün,
Wind in den Haaren,
auf nackter Haut.
Sein Atem auf meiner nackten Haut
lässt Erinnerungen wieder lebendig werden,
sie sind jetzt wieder,
ich fühle jetzt
das Salz auf der Haut,
das Streicheln zärtlicher Hände,
eine neue Welle der Lust,
meine Seele erhebt sich,
breitet die Flügel aus …
komm …,
mach …,
Ich will ihn in mir spüren,
ich will wieder abheben,
hilf mir fliegen.

Über die Schönheit
von Thomas Aeffner
„Schönheit ist vergänglich!
Und bei mir ist sie schon seit langem dahin.
Ne, nee.“
Die alte Dame hatte auf ihre Hände geschaut. Jetzt nahm sie sie vom Tisch und versteckte sie in ihrem Schoß.
„Das ist so nicht richtig!“
Der Herr ihr gegenüber sah ihr direkt in die Augen.
„Ich will hier gar nicht Süßholz raspeln und Ihnen die Komplimente machen, die Sie verdienen.“
Sie blickte ihn fragend an.
„Ich bin sozusagen Fachmann für Schönheit.“
Er griff ohne den Blick von ihr zu nehmen zu seiner Kaffeetasse und trank einen Schluck.
„Ich habe mein Leben der Schönheit gewidmet!“ verkündete er.
„Ich bin Maler, Kunstmaler, müssen Sie wissen.“
Er setzte die Tasse zurück und beugte sich leicht zu der Dame vor.
„Ich will Ihnen das mit der Schönheit gerne erläutern.
Schönheit – darunter verstehen die meisten Perfektion, das Ideal.
Die perfekte Form ist eine Kugel, oder um bei meiner Profession zu bleiben, der Kreis.
Nun stellen Sie sich das mal bildlich vor: ein schwarzer Kreis auf weißem Quadrat, genau mittig.
Alles im Gleichgewicht, optimaler Kontrast, alles perfekt.
Und entsetzlich langweilig!
Ist Langeweile denn Schönheit?
Sicher nicht!“
„Nein, aber ich habe da diese Tuschezeichnung hängen. Aus Japan, oder Korea, jedenfalls aus Fernost. Da ist mit einem einzigen Pinselstrich mit schwarzer Tusche ein Kreis gemalt.
Ich liebe dieses Bild, ich schaue oft darauf und es hilft mir beim Meditieren“ gab die Dame zu bedenken.
„Genau, da haben wir ein perfektes Beispiel“ bestätigte der Maler.
„Ihr japanischer Tuschekreis ist von Hand gemalt.
Sie können sehen, wo der Meister den Pinsel aufgesetzt hat: da ist der Strich etwas breiter.
Und wo der Pinsel das Papier verlassen hat läuft der Strich dünner aus.
Der Kreis ist nicht so perfekt rund, wie der ideale, der langweilige aus meinem Beispiel.
Er steht auch nicht so exakt in der Mitte.
Ein Meister weiß, dass er sich der idealen Form nur annähern kann, dass aber genau die Abweichung vom Ideal das Lebendige, das Künstlerische ausmacht.
In Ihrer Tuschezeichnung sehen Sie die Spur des Bemühens eines Meisters um Perfektion.
Das Tuschebild ist die Materie gewordene Spur dessen, was der Meister sein Leben lang geübt, gemalt, gelebt hat.
Das ist letzten Endes die Schönheit: nicht das Ideal, sondern die Spur unseres Strebens, das Zeugnis unserer Tätigkeit, unseres Bemühens nach dem Ideal.“
„Sie wollen also sagen, dass die Schönheit darin liegt, dass etwas nicht ganz perfekt ist?
Ist das nicht ein Widerspruch in sich“ wandte die Dame ein.
„Nein, das ist kein Widerspruch“ erwiderte der Maler.
„Sehen Sie sich in den Künsten um:
die Schönheit eines Musikstückes liegt nicht in der Aneinanderreihung von perfekten Harmonien, sondern in der Spannung der harmonischen zu den weniger harmonischen Tonabständen – bis hin zu krassen Dissonanzen.“
Die beiden verstummten und jeder hing eben seinen Gedanken zu diesem Thema nach.
„Aber was hat das jetzt damit zu tun, dass meine Schönheit verblüht ist?
Ich bin alt geworden, die Haut ist schlaff und runzelig.
Da ist keine Schönheit mehr“, seufzte die Dame.
„Jetzt bekommen Sie mich doch fast dazu, dass ich Ihnen Komplimente mache.“
Der alte Herr sah sie aufmerksam an.
„Aber ich will nicht Ihre persönliche Schönheit besingen.
Das könnten Sie mit einem 'ach was' beiseite wischen.
Lassen Sie es mich weiter allgemein halten, bis Sie sich selbst darin wiederfinden können.
Sie haben hier in Ihrem Wohnzimmer diesen wunderbaren Sekretär:
edles Holz, die alte lederne Schreibunterlage.
Ein Erbstück?“
„Ja, da hat meine Großmutter schon ihre Korrespondenz dran geführt.
Sie hat ihn geliebt!“
„Sehen Sie, das Möbel war schon ein besonders schönes Stück, als Ihre Großmutter es bekommen hat.
Die feine Tischlerarbeit, die ausgewogenen Proportionen, die anmutigen Verzierungen, die stabile Schreibplatte mit der Unterlage aus Leder.
Ich stelle mir vor, wie das frische Holz geduftet hat!
Und ist der Sekretär mit den Jahren hässlich geworden?
Er war aus der Mode gekommen, das ja.
Er entsprach irgendwann nicht mehr dem allgemeinen Geschmack.
Aber er hat seine Schönheit behalten.
In gewisser Weise hat er sogar an Attraktivität zugenommen.
Stellen Sie sich einfach mal das gleiche Möbel in fabrikneu daneben vor: das alte ist das wertvollere, das schönere.
Mit all seinen Gebrauchsspuren: dem abgeschabten Holz, wo die Schublade immer entlanggeglitten ist. Die vom vielen Anfassen rund und glatt geschliffene Vorderkante. Das Holz vom Alter gedunkelt, selbst die Kratzer und die paar Tintenflecke machen es nicht hässlich.
Sie sind Spuren von Gebrauch, sie laden das Möbel mit Bedeutung auf.
In diesem Fall mit der Bedeutung all der Gedanken, die Ihre Großmutter daran zu Papier gebracht hat. Und die Ihrer Mutter. Und dann Ihrer eigenen.
Das sind alles Spuren des Geistes, die in der Materie ihre Form gefunden haben.
Vom Entwurf des Möbeldesigners angefangen bis hin zu den Spuren derer, die dieses Möbel benutzt haben“
„Sie meinen also, der Sekretär sei schön, weil er alt ist?“
Die alte Dame sah den Maler zweifelnd an.
„Nein, es gibt natürlich auch hässliche alte Möbel.
Die waren aber nie schön – höchstens mal modisch. Nicht das Alter hat sie hässlich gemacht.
Die Schönheit vergeht nicht.
Im Gegenteil, die Spuren, die der Gebrauch und die Jahre hinterlassen haben, sind noch ein zusätzlicher Wert, etwas was sie einem gleichen neuen Stück voraus haben.“
Der alte Maler erhob sich, ging um den Tisch herum zu der Dame und nahm ihre Hand.
„Vielen Dank für den Kaffee.
Und noch mehr für das Gespräch.
Ich möchte jetzt die letzten Sonnenstrahlen nutzen und ein wenig spazieren gehen.
Das Herbstlicht auf dem bunten Laub der alten Bäume ist einfach zu schön, um es zu verpassen.“
Er hob ihre Hand ein wenig und deutete ganz altmodisch einen Handkuss an.
„Einen angenehmen Abend noch.
Und denken Sie an meine Worte, wenn Sie sich nachher im Spiegel betrachten.
Die Schönheit vergeht nicht.
Die Spuren des Lebens erhöhen sogar noch ihren Wert!“

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